Sonntag, 19. Februar 2012

"Gefährten" - (War Horse)

Als ich vor einigen Wochen HIER meine Oscar-Träumereien zum Besten gab, erwähnte ich, dass ich den Film "War Horse" nicht sehen will. Aber was stört mich mein Geschwätz von gestern? Ich hab mich rumkriegen lassen. "Spielberg, Abenteuer, tolles Kriegsdrama, schöne Pferde...." yada yada yada. Kurz: ich ging mit.
Hätte ich doch nur auf meine innere Stimme gehört, die ja nicht immer ein Schweinehund ist.
Dazu muss ich noch sagen: dieser Film ist 146 Minuten lang. Selbst als Ahnungsmathematiker weiß ich, dass das fast drei Stunden sind. Hätte ich doch nur...
Nun gut, ich hab nicht, und hier ist die ganze Misere zusammengefasst:
Der drecksarmer Bauer Narracot (Peter Mullan) im englischen Devon beackert seine karge Farm ohne Hilfsmittel. Er hat einen Teenager-Sohn Albert (Jeremy Irvine), eine besorgte Frau (Emely Watson) und sonst nüscht. Im bröckeligen Farmhaus lebt er zur Miete. Nun kommt diese arme (und dumme) Sau eines Tages auf die abstruse Idee, für 30 Guineas (in den Sechzigern war eine Guinea mal so um die DM20, zur Zeit des WW1 bestimmt mehr) einen Vollblüter zu ersteigern, obwohl er ein Arbeitspferd braucht, das er vor einen Pflug spannen kann. Dafür blättert er seine Lebensersparnisse hin. Die Frau jammert: "Wovon sollen wir die Miete zahlen", von allem anderen mal abgesehen. Der Boden gibt ja kaum was her, was sie ernähren könnte. Der 14-jährige Albert jedenfalls freundet sich mit dem Pferd an ("Black Beauty", "Lassie" "Sea Bisquit" und sogar "Flipper" lassen grüßen), und als es grad so aussieht, als wär alles aus, schafft er es, den Vater in letzter Minute davon abzuhalten, den Zossen abzuballern. Fortan überredet Albert das Pferd "Joey" mit Inbrunst, doch bitte den sauschweren Pflug durchs Feld zu ziehen. Und siehe da, wochenlang steht die gesamte Dorfbewohnerschaft im strömenden Regen am Zaun und schaut zu, wie der brave Joey für seinen Freund Furche um Furche durch den steinigen Acker zieht. Offenbar ist Joey das einzige Pferd im Dorf, und die anderen Farmer haben einfach nix zu tun. Kann ja vorkommen.
Dann kommt der Krieg, der World War I, und weil nun kurz vorher die Ernte auch noch verhagelt war, und das Hungertuch nicht mal mehr für die Familie zum dran nagen reicht, muss Joey verkauft werden. An die Armee. Und dann werden Mann und Maus - ach nee, Pferd nach Frankreich verschifft und die Abschlachterei geht los. Also die der Soldaten. Natürlich geht der treue Albert auch in die Armee und auf die Suche nach Pal Joey. Der ist inzwischen nach fürchterlichen Kriegswirren und -abenteuern von den Deutschen eingefangen und weiterverkauft worden. Danach dann irrt er im Niemandsland herum. Nicht ohne schreckliche Abenteuer zu überstehen. Albert, vorübergehend erblindet, erkennt seinen Joey trotzdem nach vier Jahren wieder, als das treue Ross kurz nach dem Waffenstillstand mal wieder versteigert wird.
Aber, keine Sorge, alles wird gut, und Albert wird mit seinem treuen Joey wiedervereint (einem gütigen Franzosen sei Dank), und sie reiten zusammen in einen Sonnenuntergang (der Klasse „Gone with the Wind) nach Devon. Wie die Cowboys das so in den Western machen, wo zu Hause das treue Weib (Mutter, Schwester, Tochter) am Gatter steht und sich ungläubig dem Heimkehrer entgegenschluchzt.
Gründe, warum ich den Film nicht mochte: dressierte Tiere (ebenso ungern wie dressierte Kinder), die tolle Kunststücke können, weite Schlachtfelder mit vielen herumgestreuten Leichen, Herz-Schmerz-treues-Pferd-lieber Junge-Schnulze, Bombastik in Landschaft, Kriegsgemetzel und Musik und überhaupt.
Für sechs Oscars ist der Film nominiert, unter anderem für "Best Picture". Von mir kriegt er keinen.