Donnerstags vor dem Karnevalssonntag verfallen die Bewohner mancher Orte dieses Landes in eine Art Trance. Oder ergreift sie eine Besessenheit? Ein böser Geist? Vielleicht sogar ein guter? Jedenfalls scheint diese... bleiben wir der Einfachheit halber doch bei Besessenheit... also diese Besessenheit pünktlich um 11:11h auf Marktplätzen, in den Strassen, in Lokalen, Flughäfen, Bahnhöfen, ja sogar Büros auszubrechen. Frauen erobern Chef-Etagen. Nicht etwa als Karriereschritt. Im schlimmsten Fall ist das eher ein Schritt in die andere Richtung, wenn der Chef den Zurücklachtermin entweder nicht kennt oder vergessen hat. Jedenfalls lassen sich die Frauen nicht zurückhalten. Mit großen Scheren bewaffnet erstürmen sie Chefbüros und Männerklos, wo sie traditionell “schnipp-schnapp - Schlips ab“ das beste Stück des Mannes mit einem sauberen Schnitt bis auf ein Viertel der Originalgröße stutzen. Der aufgeklärte Mann, also der, der den Zurücklachtermin aus Erfahrung kennt, hat vorgesorgt. Für ihn ist es eine günstige Gelegenheit, Geburtstags- und Weihnachtsgeschenke von einfallslosen Tanten, Omas, Nichten und anderen Verwandten loszuwerden.
Der eingeborene Mann also weiß in der Regel Bescheid. Überraschungen sind eher die Ausnahme.
Nicht so beim Fremdling. Beim Reisenden aus einer fernen Welt. Sagen wir mal aus... Vanuatu, oder Tunesien. Na gut, aus Vanuatu vielleicht nicht, wenn er in Landestracht kommt, geht er als Kostümierter durch. Aber... nein, Tunesien auch nicht, also nehmen wir einen aus einer russischen Kleinstadt. Vorausgesetzt, dass man dort keine Landestracht trägt, die das Umbinden einer Krawatte als modisches
Accessoire vernachläßigt. Oder aus Erwete-Anrüchte, geht auch. Ihn wird das symbolische Schnipp-Schnapp in Kastrationsängste stürzen, lähmen, unfähig, den
eigentlichen Zweck seiner Reise zu erfüllen. Notgedrungen müsste er entweder sofort die Heimreise antreten oder sich dem örtlichen Brauchtum bedingungslos hingeben. Mit allen Konsequenzen. Für dieFrauen nun, denen die Herkunft des Mannes gleichgültig ist - Hauptsache er hat eine abschneidbare Krawatte - beginnt ein Siegeszug durch alle Männerdomänen, der dann in der Regel in langen, feuchten Nächten in Eckkneipen, Kellerbars, privaten Partyräumen oder firmeneigenen Kaffeeküchen endet. Die programmierte Heiterkeit kennt jedoch auch Grenzen: irgendwann zwischen Freitagmorgen und Aschermittwoch ist Schluss. Und selbstverständlich auch mit dem Schlipskastraten.
Und alle freuen sich, "dat dat widder esu schön wor, un de Haupsaach es, dat Hätz is joot", und dass man den Schalter noch pünktlich an Weiberfastnacht auf lustig gekippt hat. "Un am Äschermittwoch is alles vorbei".
Termingerecht zurückgelacht..
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