Sonntag, 31. Januar 2010

Gesänge für Montage

also den Wochentag. Mit dem anderen, der Montahsche, hab ich nix am Hut. Was ist am Montag eigentlich so scheiße? Weiß das mal einer??? Wer hat das eigentlich erfunden?
Und die Lieder, die über Montage gesungen werden, hauen ja alle in diese Kerbe:
"Monday Monday“ von The Mamas and the Papas. Kennt die überhaupt noch einer? Und dann gibts eins, das geht so: "Tell me why I hate Mondays..." wer singten das? bitte? Als Kinder sangen wir: "Rain, rain go away - come on Mommy's washing day" und washing day war immer Monday! Evergrey singt von der "Monday morning Apocalypse", das bedeutet auch nix Gutes. Dann gibt's noch "Rainy Monday" (ha! der washing day) von den Shiny Toy Guns, und "Memphis Monday Morning" von Bobby Blue Bland, und "Blue Monday" und "Black Monday", und - nicht zu vergessen: von Quiet Riot den "Monday Morning Breakdown". Was ja wohl mindestens genau so übel ist wie diese Apokalypse.
Das muss jetzt auch erst mal genügen. Es gibt noch etwa 397 andere Monday Titel, die will ich hier nicht aufzählen, das kann ja auch keiner wollen. Jedenfalls nicht jetzt. Ich find's schon gruselig genug, dass es die gibt. Die Devise ist jetzt: vorausschauen. Nach Montag kommt Dienstag.
Gibt’s da ein Lied von? Ach ja „Ruby Tuesday“
Und vom "Mittwoch“ singt ja schon Slut, vom "Donnerstag" David Bowie.
Und The Cure hat sie alle drauf, in „Friday I'm in love“. Da könnte man sich die anderen auch alle sparen.
Ich hätte da ja ne revolutionäre Idee: einfach diese Wochentage abschaffen, das Jahr durchzählen und jeder macht zwischendurch immer mal wieder einen oder zwei Tage frei. Termine gehen dann so: "Wir könnten am Tag 107 zum Power-Lunch meeten" und der Andere so: " Ach nein, das ist mein Putztag, wie wärs mit Tag 109?" und der Erste wieder so: "Ausgeschlossen, da war mal Montag, das war immer son Scheißtag, da ging immer alles in die Hose..."

Freitag, 29. Januar 2010

„Der normale Mensch...


sitzt immer mit dem Gesicht zur Tür im Restaurant. Da musst du drauf achten", sagt meine Tante Cordula, genannt Kördelchen.

Wir sitzen beim Chinesen, und Kördelchen hat den Wandplatz erobert, weil sie wie ein Geschoss durchs Lokal gezoomt war.

Das impliziert schon mal a priori, dass ich gar nicht normal sein kann, weil ich ja nicht an der Wand sitze. Auch nicht sitzen will.

Der normale Mensch also. - Und die Diskussion über - "was ist schon normal", erspar ich uns. Ich ja wohl nicht.

"Warum denn?" frage ich Kördelchen.

"Weil man dann das ganze Restaurant oder die Tür und so, also weil man immer alles im Blick hat, also jeden, der reinkommt“.

„Zu was soll das denn gut sein?" Ich bin irritiert.

„Weil man sofort jeden sieht, der reinkommt. Da kann man kucken, ob man die kennt oder so“, sagt Kördelchen.

„Aber warum denn nur?" Bin ich wirklich so blöd?

"Ich geh doch normalerweise nicht allein in ein Restaurant, und dann hab ich doch einen, den ich ankucken kann."

"Nein, nein“ Kördelchen wieder „du musst immer sehen, dass du den Platz mit dem Rücken zur Wand bekommst", sagt Kördelchen beschwörend. - - -

„Also im Film machen das die Mafiosi so, damit sie sehen, wer mit ner Knarre reinkommt. Und das hilft denen ja auch nicht. Die Knarrenträger sind doch schneller als die Mafiosi, die sich auch nur hinter umgeschmissenen Tischen verstecken. - - Und die Kugeln bohren sich immer durch das Holz. Außerdem bin ich schließlich kein Mafioso“, sage ich altklug.

„Nein, nein, damit hat das gar nichts zu tun“, sagt Kördelchen „man muss eben immer kucken, wer reinkommt. Da sind doch oft mal interessante Leute dabei. Da kuckt man, was die anhaben, wie die geschminkt sind, wer heimlich mit wem essen geht, wer mit wem 'n Werk hat... so Sachen eben..."

"Das interessiert mich ja nun nicht die Bohne“ ich bin gelangweilt, „wenn ich mit jemandem essen gehe, dann doch nur, weil ich mich mit dem oder der über ‘nem Süppchen oder Zeuch unterhalten will. Ich geh doch nicht ins Restaurant essen, weil’s zu Hause nix gibt. Also jetzt zum Beispiel, ich wollte mich eigentlich mit dir unterhalten“, sage ich etwas vorwurfsvoll.

„Tun wir doch“, sagt sie irritiert.

Seit wir da sitzen, würdigt sie mich keines Blickes. Ich müsste mal ein wirklich interessantes Thema anschneiden. Über den normalen Menschen, zum Beispiel.

"Siehst du, jetzt gerade, “ sie hievt ihren Wallebusen quer über den Tisch, kommt auf Nasenspitzennähe, damit es auch niemand außer mir hört und wispert verschwörerisch: "da kommt der Doktor Brandes mit einer Frau, und das ist nicht seine."

„ Ich kenn keinen Dr. Brandes“, sage ich laut, denn ich bin schon leicht angepisst. "Will ihn auch nicht kennen lernen..."

"Pssst, nicht so laut, der kann dich ja hören. Dann weiß er, dass ich ihn gesehen habe..." zischelt Kördelchen

"Wenn du den gesehen hast, hat er dich wahrscheinlich auch gesehen“, mein letzter Versuch mit Logik,

"dann weiß er, dass du weißt, mit wem er rummacht."

"Ohgottogottt... sag das nicht“, sie hält sich schnell das Menü vors Gesicht. "Hoffentlich hatter mich nicht gesehen!"

Der normale Mensch eben.

Würdig für Zweitausend

Lesung im Kulturbunker Köln-Mülheim am 12. Dezember 2009

Auf dem Weg durch meinen Vorort komme ich immer bei diesem Bestatter vorbei. Der hat in seinem Schaufenster einen Sarg, Urnen, Kandelaber, Bilder von Grabstätten, Gruften, Familiengräbern und so Zeug. Das Übliche. Was willer auch ausstellen? Leichen geht schlecht. Obwohl, son plastinierter Body von dem Gunther von Hagens, das wär doch auch mal ne prima Geschäftsidee. Neu! Innovativ! Na egal.

Dieser hier ist seit 300 Jahren in der Familie, also der Bestattungsbetrieb. Traditionelle Bedenkenträger. Jedenfalls hatte der außer der üblichen Bestatter-Hardware zwei schöne Fotos von Friedwäldern ausgestellt. Und eins von einem Dampfer, was vermuten ließ, dass er auch Seebestattungen vermittelt.

Oder lieber Kapitän geworden wär.

Nun isses ja nicht so, dass ich schon sooo alt und soo gebrechlich wäre, dass ich seine Dienste kurzfristig in Anspruch nehmen müsste, und ich fühl mich auch prima, aber man weiß doch nie. Könnte mir doch morgen ein Zweispänner über den Leib donnern, und wo bleib ich dann?

So könnte nicht mal der Herr von Hagens was mit mir anfangen. Da kommt dann irgendeiner und kratzt die Reste zusammen und weiß nicht wohin damit. Und unappetitlich ist es auch. Obwohl mir das ja nun am egalsten von allem sein könnte.

Also rein in den Laden, der diskret stil- und geschmacksneutral in heller Plaste & Elaste gehalten ist. Ein stattlich-rustikaler Herr in den besten Jahren (wo immer die liegen), dichtes weißes Lockenhaar, gebräunte Haut, sehr lebendig, begrüßt mich mit angemessen getragener Stimme.
Ich komme dann aber gleich zum Thema und erkläre ihm, dass – wenn es dann dereinst… es mein Wunsch und Wille sei, möglichst kostengünstig und entsorgungsneutral... na, pfffff …entsorgt zu werden.

Da will er mal wissen, ob ich das denn mit meiner Familie besprochen habe, und ob die einverstanden sei. Ja wo simmer denn? Dem muss ich erst mal klar machen, wer der Bestimmer über meine sterblichen Überreste und deren Verbleib ist. Ob er damit zufrieden war, weiß ich nicht, jedenfalls fragt er nicht weiter.

Er zeigt mir jetzt aber mit einigem Enthusiasmus Flyer mit langen Listen über viele, viele Leistungen in einer Bandbreite von €7.200 - €17.700.
Huch, preiswert ist das aber nicht. Für das bisschen Leiche.

Er: ja, aber wenn es würdig sein soll, dann müssen Sie das schon anlegen.

Anlegen klingt … zukunftsorientiert, so mit Aussicht auf Gewinn. Das ist bei meinem Ableben eher unwahrscheinlich.

Nein, ich interessiere mich ausschließlich für eine Entsorgung im Friedwald. Das Wort Entsorgung in dem Zusammenhang gefällt ihm immer noch nicht, und er runzelt die Stirn. Aber ich insistiere. Dann erzählt er mir, dass es sogar hier im Vorort die Möglichkeit der Friedwaldbestattung gebe. Nicht, dass ich das unbedingt anstrebe. Und in Köln auch.
Aber er arbeitet am liebsten mit dem Friedwald in Braubach-Dachsenhausen zusammen, wo es auch ein flammneues, nee, brandneues, auch nicht gut, also ein niegel-nagel-neues Flammarium gebe. Flammarium, das neue Krematorium? Steht Krematorium auf
der Liste der politically incorrect Wörter?

Egal. Die Gebühr fürs... flambieren? ...beträgt mal nur €300. Das sind doch humane Preise, denk ich so. Aber dann kommen noch €680 dazu, sagt er, für die Ablage der Asche unter einem Gemeinschaftsbaum. Einem WG-Baum, sozusagen.

Mit Namensplakette und unter einem single Wunschbaum abgelegt zu werden, kostet extra - hab inzwischen vergessen wieviel - jetzt auch in Braubach-Dachsenhausen. Oder, wahlweise im örtlichen Wald, direkt unterm Wunschbaum nur €500, da kommen dann allerdings noch €264 für das Flambieren und die Bestätigung des Amtsarztes dazu. Was soll der denn amtlich bestätigen? Dass die Asche keimfrei ist? Meine ist? zur Entsorgung freigegeben? Um in Köln eingeäschert zu werden - sechs km bis zum Zentrum - kommen noch mal Transportkosten von €200 dazu. Für 300gr Asche im recyclebaren Behältnis, versteht sich.

Nach einer Seebestattung hab ich dann schon gar nicht mehr gefragt. Vermutlich gibt’s da auch ein Preisgefälle wie zwischen Paddelboot und QEII.
Na, denk ich so, aber ist ja noch erschwinglich. Und würdig genug wird’s schon sein.
Und da sagt der Herr Kreuz von der Firma Schnitter (Nomen est Omen): und unsere Bestatterkosten kommen natürlich noch dazu, das wären zusätzlich €1200.

Aha, ich rechne blitzschnell, alles in allem also doch rund €2000.

Aber dann auch sehr würdig, sagt Herr Kreuz.

Ich überlege, ob ich auf die Würde verzichte und meine Asche testamentarisch dem Streudienst zur Verfügung stelle. Aber es schneit so selten in Köln.

Donnerstag, 21. Januar 2010

Ab 11:11h wird gnadenlos zurückgelacht

Donnerstags vor dem Karnevalssonntag verfallen die Bewohner mancher Orte dieses Landes in eine Art Trance. Oder ergreift sie eine Besessenheit? Ein böser Geist? Vielleicht sogar ein guter? Jedenfalls scheint diese... bleiben wir der Einfachheit halber doch bei Besessenheit... also diese Besessenheit pünktlich um 11:11h auf Marktplätzen, in den Strassen, in Lokalen, Flughäfen, Bahnhöfen, ja sogar Büros auszubrechen. Frauen erobern Chef-Etagen. Nicht etwa als Karriereschritt. Im schlimmsten Fall ist das eher ein Schritt in die andere Richtung, wenn der Chef den Zurücklachtermin entweder nicht kennt oder vergessen hat. Jedenfalls lassen sich die Frauen nicht zurückhalten. Mit großen Scheren bewaffnet erstürmen sie Chefbüros und Männerklos, wo sie traditionell “schnipp-schnapp - Schlips ab“ das beste Stück des Mannes mit einem sauberen Schnitt bis auf ein Viertel der Originalgröße stutzen. Der aufgeklärte Mann, also der, der den Zurücklachtermin aus Erfahrung kennt, hat vorgesorgt. Für ihn ist es eine günstige Gelegenheit, Geburtstags- und Weihnachtsgeschenke von einfallslosen Tanten, Omas, Nichten und anderen Verwandten loszuwerden.
Der eingeborene Mann also weiß in der Regel Bescheid. Überraschungen sind eher die Ausnahme.
Nicht so beim Fremdling. Beim Reisenden aus einer fernen Welt. Sagen wir mal aus... Vanuatu, oder Tunesien. Na gut, aus Vanuatu vielleicht nicht, wenn er in Landestracht kommt, geht er als Kostümierter durch. Aber... nein, Tunesien auch nicht, also nehmen wir einen aus einer russischen Kleinstadt. Vorausgesetzt, dass man dort keine Landestracht trägt, die das Umbinden einer Krawatte als modisches
Accessoire vernachläßigt. Oder aus Erwete-Anrüchte, geht auch. Ihn wird das symbolische Schnipp-Schnapp in Kastrationsängste stürzen, lähmen, unfähig, den
eigentlichen Zweck seiner Reise zu erfüllen. Notgedrungen müsste er entweder sofort die Heimreise antreten oder sich dem örtlichen Brauchtum bedingungslos hingeben. Mit allen Konsequenzen. Für dieFrauen nun, denen die Herkunft des Mannes gleichgültig ist - Hauptsache er hat eine abschneidbare Krawatte - beginnt ein Siegeszug durch alle Männerdomänen, der dann in der Regel in langen, feuchten Nächten in Eckkneipen, Kellerbars, privaten Partyräumen oder firmeneigenen Kaffeeküchen endet. Die programmierte Heiterkeit kennt jedoch auch Grenzen: irgendwann zwischen Freitagmorgen und Aschermittwoch ist Schluss. Und selbstverständlich auch mit dem Schlipskastraten.
Und alle freuen sich, "dat dat widder esu schön wor, un de Haupsaach es, dat Hätz is joot", und dass man den Schalter noch pünktlich an Weiberfastnacht auf lustig gekippt hat. "Un am Äschermittwoch is alles vorbei".
Termingerecht zurückgelacht..