Sonntag, 31. Oktober 2010

Gainsbourg - ein heldisches Leben

Ein Film, den ich mochte. Die Geschichte ist schön erzählt, anschaulich – na gut, muss ja, ist ja Kino. Mir gefällt hier ganz ausdrücklich der Mix von straight Kino und Animation, obwohl ich freiwillig in keinen Animationsfilm gehe.
Als ich noch mitten im Schwärmalter war, kam Gainsbourg grad recht als Objekt meiner Begierde. Nicht nur so schön hässlich, sondern auch skandalös. A bad boy! Weibergeschichten mit dem „who-is-who“ im französischen Show-Zirkus.
Über den Mann Gainsbourg oder seinen Werdegang wusste ich nichts. Heute erfuhr ich etwas über das, was ihn ausmachte, und vielleicht ein bisschen davon, warum er so war wie er war. Sein Leben wird in Episoden erzählt, in denen eine aufgeplusterte Fratze als unsichtbarer Schatten seine Kindheit begleitet, und ein rabenvogelartiger Spinnenmensch mit überdimensionierter Nase und elefantösen Ohren das alter ego seines Erwachsenen-Daseins darstellt. Ein tollkühner „Harvey“, den er Gainsbarre nennt, und der ihm ordentlich Feuer unter dem Hintern macht und zum Draufgängertum anstachelt.
Als Sohn russischer Immigranten lebt er in Paris, muss unter der strengen Aufsicht des Vaters Klavier spielen lernen und sich außerdem vor den Nazis im Wald verstecken. Dass er ein lockeres Mundwerk hat, beweist er früh, als er zur Verteilersteller der deutschen Besatzer geht, um sich als erster seinen Davidsstern abzuholen. Er bietet seine „Beziehungen“ an, um „die Karriere“ eines der Offiziere zu „fördern“.
Er raucht, er säuft, er stellt den Frauen nach. Er schreibt Musik, er ist der Piano man in Bars. Und er malt. Er ist unauffällig verheiratet. Er trifft und liebt Juillette Greco, France Gall, Brigitte Bardot und manche andere. Er heiratet in zweiter oder dritter Ehe Jane Berkin, singt mit ihr das berühmte, und seinerzeit skandalöse „Je t’aime“, das er ursprünglich mal für BB geschrieben und auch mit ihr gesungen hatte. Die wollte aber nicht, dass Gainsbourg das veröffentlichte, denn sie war damals mit Gunther Sachs verheiratet und eine rücksichtsvolle Ehefrau. Also ziemlich rücksichtsvoll, son bisschen rumbubeln mit dem wilden Serge ging ja wohl immer. Auch die Ehe mit Jane geht nicht gut. Sie trennen sich und dann trifft er eines nachts versoffen in einer Bar eine gewisse Bambou, mit der er dann im Weiteren auch verheiratet ist und ein Kind hat.
Der junge Serge wird von einem total unniedlichen und unbekannten Jungen (Kacey Mottet Klein) wunderbar gespielt. Es gefällt mir gut, dass man immer öfter davon absieht, fotogene Zauberkinder vor die Kamera zu zerren. Es gibt wunderbare Musikszenen, und eine gewisse Coco, die dann nicht weiter erwähnt wird, mit der er in einer Kneipe singt, sieht aus, wie ich immer dachte, dass Liz Taylor im Alter aussehen würde, was sie nicht tat. Das mal nur nebenbei.
Für mich ein absolutes highlight war der kurze Auftritt von Joann Sfar, dem Regisseur, als George Brassens, einem Sänger, dessen Musik ich sehr liebe.
Laetitia Casta als Brigitte Bardot gefiel mir gut, Lucy Gordon als Jane Birkin war mir eine Spur zu farblos. (Die Schauspielerin Gordon hat sich im vorigen Jahr das Leben genommen.)
Eric Elmosnino, der den Gainsbourg spielte, war sehr treffend gecastet und einfach großartig.
Der Originaltitel „Gainsbourg – vie héroique“ bedeutet wörtlich „Gainsbourg - heldenhaftes Leben“. Stattdessen in Deutschland wieder so ein Lullititel: „Der Mann, der die Frauen liebte“ blablabla... hätte auch von SAT1 sein können.
Aber dem Film tut’s keinen Abbruch. Eine gut umgesetzte Musiker-Biografie, die der Joann Sfar da erzählt hat. Zwei Stunden sehr schöne Unterhaltung. Hat mir gefallen – vier Daumen hoch.

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