Dienstag, 7. Dezember 2010

Vorgetäuschter Orgasmus

"Ich sehe den Mann deiner Träume" von Woody Allen
Woody und ich, wir waren wie die Tauben... ach nee, das ist ja n anderes Stück. Aber mal im Ernst: zwei New Yorker, die ihre Stadt lieben, da fühlt man sich doch verbunden. Ganz im Gegensatz zu mir kann er auch schöne Filme darüber drehen. Und wie sehr wünschte ich mir, dass er das auch weiterhin täte. Aber mich fragt ja keiner. Also unternimmt er alle paar Jahre Ausflüge ins europäische Ausland. Den Geschichten, die er erzählt, sollte das eigentlich nichts anhaben, denn sein Thema ist immer die Suche nach dem Glück, nach Liebe, nach Zufriedenheit. Da wäre es doch eigentlich egal, in welchem Kontinent sich die Geschichte entwickelt. Besonders, wo es diese Art von Irrungen und Entwirrungen überall auf der Welt gibt. Aber ich hab halt bei den europäischen Filmen immer den Eindruck, als spielten die Drehorte auch eine bedeutende Rolle. Oder ist es nur ein „Extra“, ein bisschen sightseeing und highlife für die Darsteller und die Crew? Egal. Außerdem bin ich schon so was von abgeschwiffen bevor ich überhaupt ein Wort zum Film gesagt hab. Dieser Film jedenfalls spielt in London, was allerdings hier keine Rolle spielt. Außer vielleicht für die Architektur.
Also ja, es ist schon ein echter Woody was die Thematik und die Ausführung angeht. Der Moderator stört mich etwas. Einer, der weiß, was Sache ist, warum es so ist, wie es ist, und warum die Protagonisten so handeln wie sie handeln. Hat son bisschen was von „Sendung mit der Maus.“
Es geht hier um Helena (Gemma Jones), die gerade von ihrem Mann (Anthony Hopkins – altert „schön“) nach 40 Ehejahren verlassen wurde. Er fühlt sich noch nicht alt genug für Helenas beschaulichen Lebensstil und hat ne langbeinige, blonde „Schauspielerin“ – the charming Charmaine (Lucy Punch) - aufgerissen. Die verwöhnt er nach Strich und Faden, wobei das Wort „Strich“ in dem Zusammenhang eine durchaus berechtigte Doppeldeutigkeit vermuten lässt. Er heiratet sie.
Helena ist etwas schrullig und nervt ihre Tochter Sally (Naomi Watts), die sie quasi aus Notwehr einer selbsternannten Wahrsagerin auf den Hals hetzt. Die prophezeit Helena einen „tall dark stranger“, und Helena schaut hoffnungsfroh in ihre Zukunft.
Sally hat selbst Probleme mit ihrem Mann Roy (Josh Brolin), der nach einem Erstlingserfolg seit Jahren an einem zweiten Buch rumdrukst. Ohne sichtbares Ergebnis. Sie leben von Helenas Geld, zoffen sich ohne Unterlass, und er gibt ihr die Schuld daran, dass er nicht mehr schreiben kann. Sie haben das Interesse aneinander verloren. Es ist ohne seherische Fähigkeiten vorhersehbar, dass Roy sich in eine schöne neue Nachbarin, Dia (Freida Pinto), verliebt, und Sally wirft mehr als ein Auge auf ihren neuen Boss Greg (Antonio Banderas). Hier gibt es noch einige Verwicklungen, die der armen Sally doch sehr zusetzen, und die nicht so richtig gut für sie enden.
Dass Dia sich gegen ihren Verlobten und für den windigen Roy entscheidet, überrascht wahrscheinlich nur mich. Charming Charmaine nimmt den verblendeten Alfie aus wie eine Weihnachtsgans. Während er die Minuten bis zum Eintritt der Wirkung seiner Viagra-Ration zählt, vergnügt sie sich mit feschen, jungen Kerls aus der Muckibude. Sally hat schnell eine Meinung von der Actrice: „The only acting she’s ever done is fake an orgasm“.
Von Anthony Hopkins und Naomi Watts bin ich gleichermaßen begeistert. Gemma Jones war großartig, die hatte ich lange nicht mehr gesehen, und Josh Brolin überraschte mich einmal mehr positiv.
Woodys Message: Die Suche nach dem Glück ist eine unendliche Geschichte. Auf dem Weg zum Glück begeht man einfach zu viele Dummheiten, um es je in seiner reinen Form zu erleben. Vielleicht wäre es keine schlechte Idee, mit dem glücklich zu sein, was man hat und nicht was man sich wünscht.
Obwohl der Film aus der Perspektive eines unbeteiligten Beobachters erzählt wird, habe ich mich gut unterhalten gefühlt. Ein witziges Melodram, das ein gefühlsmäßig verzwirbeltes Bildungsbürgertum in gedämpften Beigetönen mit sanfter Musik untermalt und bei dem eigentlich nur die verpeilte Helena am Ende gut wegkommt.

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