Dienstag, 4. Januar 2011

Ein Ei ist weg.

"Drei"
Und wieder ein Film, in dem die drei Hauptfiguren nicht nach den althergebrachten Regeln aufgestellt sind. Das ist nun nicht neu, und Filme über Schwule und Lesben gibt’s ja einige. In „Drei“ ist die Konstellation aber neu, also, für mich wenigstens, obwohl ich in meiner Wahlverwandtschaft schon einige ungewöhnliche Formationen kenne. Ungewöhnlich, aber es klappt.
Hier also geht’s um Hanna (Sophie Rois) und Simon (Sebastian Schipper), die seit langem ein Paar sind, und hin und wieder von einem Kind sprechen, das sie haben möchten. Hannas biologische Uhr tickt laut, denn sie ist 38.
Sie sind Bildungsbürger der höheren Klasse. Unterhaltungen und Einblicke in ihre jeweiligen Berufe, denen ich nicht immer folgen kann. Spezialisten. Wie üblich, was mit Kunst und Medien. Hanna lernt Adam (Devid Striesow) kennen, als er einen hochwissenschaftlichen Vortrag über Zellgedöns hält. Dieser Abend endet in Adams Bett. Und nicht nur dieser.
Adam hat außer der Wissenschaft vielseitige Interessen, er singt im Chor, geht nicht nur als Zuschauer ins Fußballstadion, sondern spielt auch selbst in einem kleinen Vorortverein, macht einen Kampfsport, geht ins Kino und ins Theater. Er schwimmt im Hallenbad hin und her. Und genau da lernt er Simon kennen, der grad eine Hodenkrebs-OP hinter sich hat. Ein Ei ist weg. Als er das Adam erzählt, will der mal sehen: „Narbencheck“ sagt er forsch. Es folgt Männersex im Schwimmbad. Kurze Zeit später wieder der ebenfalls sehr intensiv genossene Heterosex mit Hanna in Adams karg dekoriertem Heim. Ordentlich viel Sex in beide Richtungen. Von einem Bett ins andere. Hanna ist in Adam verliebt. Simon ist bald auch in Adam verliebt. Adam ist in beide verliebt. Das sind Heimlichkeiten, wegen derer Hanna und Simon mal den einen oder anderen gemeinsamen Termin vermasseln.
Soweit, so gut. Das Schicksal, also die Verwirrungen und Verirrungen, ohne die solche Geschichten nicht auskommen, weil sie sonst so langweilig sind... wo war ich? Schicksal. Das nimmt seinen Lauf. Ziemlich hinten im Film das show down. Hier treffen die Drei zufällig in einer brisanten Situation aufeinander, und es fällt allen wie Schuppen von den Augen. Der mit dem, und der mit der. Und alle irgendwie mit allen.
Das ist sehr unterhaltsam, lustig und auch hübsch anzusehen. Ganz viel Liebe, ganz viel Sex, Krankheit und Tod. Glaubhafte Emotionen. Schön zusammengestellt, fließend, einleuchtend.
Wer mich kennt – ach nee, kennt mich ja keiner – also, für meinen Geschmack war es manchmal etwas zu abrupt geschnitten, und die multi-split-screen, sechs Monitore gleichzeitig, machten mir Schwierigkeiten bei der Konzentration auf die einzelnen Handlungsabläufe. Und dann war da auch viel Symbolismus, viel, viel Symbolismus. Nicht genug, dass es schrecklich gestört hätte, aber genug, um aufzufallen.
Irgendwas ist ja immer.
Besonders gut haben mir Sophie Rois und Devid Striesow gefallen. Die haben es da, wo es hätte dünn oder peinlich werden können, souverän nach Hause gefahren. Eine Freude, den beiden bei der Arbeit zuzusehen. Sebastian Schipper passte gut ins Dreier-Team. Und im Vorspann stand, dass Tom Tykwer das Buch geschrieben hat, soweit ich weiß, sein erstes Drehbuch. Ist gut geworden.
Geht hin, schaut euch „Drei“ an. Es lohnt sich.

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