Sonntag, 30. Januar 2011

Six films for the price of one

Black Swan
„Ruckedigu, Blut ist im Schuh“ heißt es bei Schneewittchen. Aber der Schwan hier im Film ist nicht die böse Stiefmutter aus Schneewittchen, obwohl ihre Füße bluten. Ihre Zehen, ihre Fingernägel, ihr Rücken. Blut überall.
Es gibt ja richtig gute Filme, die durch einen oder mehrere Schauspieler richtig versaut werden können. Oder es gibt die anderen Filme, die durch einzelne Schauspieler geadelt werden.
„Black Swan“ ist so einer. Die Story ist gar nicht so schlecht, ein Melodram erster Güte mit allen Zutaten: Verrat, Ehrgeiz, Besessenheit, Irrizität, Sex, Liebe, Eifersucht und Tod.
Ballett-Sternchen Nina (Natalie Portman) trachtet nach Höherem, unterstützt und angetrieben von der ehrgeizigen Mutter Erica (Barbara Hershey), die selber mal von einer Karriere als Tänzerin träumte, aber wegen der Schwangerschaft ihren Traum aufgab und auf die Tochter übertrug. Nina soll den Schwanensee-Schwan tanzen, aber nicht nur den guten, weißen, sondern auch den bösen, schwarzen. Der Ballettmeister ist ihr Svengali, Lily (Mila Kunis) ihre Konkurrentin, ihre Tür zum richtigen Leben. Dieses Leben mit Sex, Drugs and Rock ’n Roll. Eine Achterbahn der Emotionen nennt man das gern. Es ist eine außer Kontrolle geratene supersonic high speed Achterbahn mit Extras, von der man unversehens ins Nichts geschleudert wird. Nirvana? Hölle? Erfüllung?
Auf jeden Fall Gänsehaut. Natalie Portman soll fast ein Jahr lang für diese Rolle als Primaballerina trainiert haben. Es hat sich gelohnt. Sie ist mein Tipp für den Oscar 2011 als beste Hauptdarstellerin.

127 Hours.

Aron Ralston (James Franco) gibt es wirklich. Aron ist Extremsportler, Bergsteiger. Ein eigenwilliger, fröhlicher und freundlicher Bube. Und ein Einzelgänger. Er reagiert ungern bis nie auf die Nachrichten auf seinem Anrufbeantworter, und wenn er zu einer seiner Touren aufbricht, erzählt er niemandem, wohin und wie lang. So passierte es, dass er bei einer Klettertour in einen Felsspalt abrutscht. Gar nicht mal so tief, aber blöderweise rollt ein Felsbrocken hinterher und klemmt eine Hand zwischen Felswand und Brocken.
„Between a rock and a hard place“, wie die Redewendung geht. Das ist auch der Titel von Aron Ralstons Buch, auf dem der Film basiert.
Aron versucht mit allen Mitteln, sich aus dieser Lage zu befreien. Er hackt mit seinem Taschenmesser am Fels rum und versucht, ihn zu zerkleinern. Er baut mit Karabinern und Seil einen Flaschenzug. Nichts klappt. Nach fünf Tagen Dürre und Regengüssen, ziemlich entkräftet, beschließt er, seinen Arm zu amputieren. Auch das misslingt mit dem Taschenmesser, es ist nicht scharf genug, um den Knochen zu durchtrennen. Also sinnt er auf eine andere Methode.
Zartbesaiteten rate ich, ab der 62. Minute ca fünf Minuten lang Augen und Ohren zu schließen. Oder nur mal durch die vorgehaltenen Finger zu blinzeln.
Nicht nur bis dahin, sondern auch danach ist es ein saumäßig spannender Film, der stellenweise Schnappatmung bei mir verursachte.
James Franco, der mir bisher gänzlich unbekannt war, ist für einen Hauptdarsteller-Oscar nominiert, „127 Hours“ für Besten Film und für Bestes Drehbuch. Na gut, seh ich jetzt nicht so, die Konkurrenz ist sehr stark. Und ich hab ohnehin andere Favoriten. Aber Wunder geschehn. Abwarten.


The Fighter.
Hier habe ich einen dieser wüsten „Rocky“ Schlägerfilme erwartet. Harte Brocken mit dicken Muskeln und Hälsen prügeln auf einander ein, bis das Blut aus allen Kopföffnungen spritzt. Am besten auf das johlende Publikum. Aber nix dergleichen. Oder nur moderat.
„The Fighter“ ist nun tatsächlich ein Boxerfilm, der tragische Held ist ein Weltergewichtler, Micky Ward (Mark Wahlberg), der bislang von seinem älteren Halbbruder Dicky Eklund(Christian Bale) trainiert, und von seiner überdrehten Mutter (Melissa Leo) gemanaged wurde - mehr schlecht als recht. Und vor allem ziemlich erfolglos. Dicky ist ein dauerlabernder Crackhead, der selbst Boxer und mal gegen Sugar Ray Leonard erfolgreich war. Sagt er. Für Micky war Dicky von Jugend an der große Held. Dicky und die Mutter, Alice (nebst sieben Töchtern, alle Anfang 20, die gern Siebenlinge sein könnten) gängeln Micky. Micky ist unentschlossen, in sich gekehrt, und sein Familienleben ist keins. Als er Charlene (Amy Adams) kennenlernt, die in einer Bar arbeitet, ändert sich einiges. Mittlerweile muss Dicky mal wieder in den Knast, wo er erst mal auf dicke Hose macht, bis den Knackis eine kritische Doku über seine erfolglose Karriere gezeigt wird.
Nach all den erfolglosen Kämpfen mit ungeeigneten Gegnern bekommt Micky die Chance, in Las Vegas ernsthaft zu trainieren. Charlene redet ihm zu. Alice, die Mutter ist dagegen. Sie ist felsenfest überzeugt, dass ihre beiden Söhne allein durch ihr Management so „erfolgreich“ waren. Nachdem Dicky aus dem Gefängnis kommt, geht Micky jedoch zurück zu ihm, lässt sich vom Mutter/Sohn-Duo weitertrainieren. Ein Ende bahnt sich an, das zwar durchaus „happy“ aber aus meiner Sicht einfach lulli war.
Es fehlt der Knall, die Figur des Micky bleibt blass, uninspiriert. Da ist Christian Bale schon lebendiger, glaubhafter. Auch Amy Adams hat mich überzeugt. Aber allen voran die unvergleichliche Melissa Leo, der ich ganz doll die Daumen für den Oscar in einer weiblichen Nebenrolle drücke.

The King’s Speech.

Kann man einen Film, der von 1925 bis 1937 spielt, schon einen Kostümfilm nenne? Ganz bestimmt, wenn als Kulisse die königlichen Wohnsitze der britischen Royals im Spiel sind. Und eigentlich bin ich nicht so scharf auf Kostümfilme. Oder Historienschinken. Aber der hier ist ganz anders.
Es geht um den späteren König George VI, ehemals Albert „Bertie“ (Colin Firth), der zweitgeborene Sohn von George V, der 1936 starb.
Eigentlich sollte Edward die Regentschaft übernehmen, aber da stand Wallis Simpson, eine geschiedene Amerikanerin, im Weg.
Bertie also, war glücklich verheiratet mit Elizabeth (Helena Bonham Carter) und hatte zwei Töchter, Margaret und Elizabeth (die amtierende Königin von England). Und Bertie war ein Stotterer. Es war die Zeit, als das Radio anfing, eine große Rolle im Leben der Menschen zu spielen. Das Königshaus nutzte die neue Technik für Ansprachen ans Volk. Für einen Stotterer ein Desaster. Herkömmliche Maßnahmen, wie Demosthenes bei Sprechübungen Murmeln in den Mund zu packen, erweisen sich als nutzlos. Berties Frau findet einen gescheiterten australischen Schauspieler, Lionel Logue (Geoffrey Rush), der in England Sprachtherapie praktiziert. Bertie wird Patient/Schüler von Mr. Logue, dem Logopäden. Logue ist unzeremoniell und direkt, ihm ist es wurscht, wer sein Kunde ist. Er arbeitet nicht außer Haus und besteht darauf, dass Bertie in sein Haus kommt. Als er ihm dann noch vorschlägt, sich bei ihren Vornamen zu nennen, verschlägt es Bertie die ohnehin wackelige Sprache. Auch wenn es lange so aussieht, als sei Bertie ein hoffnungsloser Fall, lässt Lionel Logue nicht locker. Der unkonventionelle Lionel und der zurückhaltende Bertie, gefangen in seinem royalen Korsett, lernen sich zu akzeptieren und erfolgreich miteinander zu arbeiten.
Ein Höhepunkt in der Historie und ein persönlicher Erfolg für Bertie (und Logue auch) ist seine Rundfunkansprache an seine Untertanen, als er Hitler den Krieg erklärt.
Diese Rede, so dramatisch der Inhalt, langsam, leicht stockend vorgetragen, haben mir tatsächlich Tränen in die Augen getrieben. Meine absoluter Favorit für den Oscar für eine männliche Hauptrolle: Colin Firth. Für die männliche Nebenrolle: Geoffrey Rush.
Please, dear „Academy of Motion Picture Arts and Sciences“, pretty please!

True Grit

Ein eingeschworener John-Wayne-Fan war ich nie. Aber es gab immer einige Filme, die ich trotzdem mochte. In denen ich John Wayne mochte. Dazu gehörte auf jeden Fall „True Grit“, damals, anno pief, mit Kim Darby, die ich nicht so großartig fand. Rooster Cogburn war John Wayne, und John Wayne war Rooster Cogburn, der Revolverheld.
Die Coen Brothers haben den Stoff neu verfilmt mit Jeff Bridges, der jetzt grad im richtigen Alter für den Rooster Cogburn ist, und mit Hailee Steinfeld, der 14jährigen Newcomerin, als Mattie, die ich auf Anhieb besser fand als Kim Darby.
Auch wenn Jeff Bridges im richtigen Alter ist, hat er nicht das Wayne-sche Volumen. Wahrscheinlich ist das ungerecht, die beiden miteinander zu vergleichen, aber „True Grit“ ist ein Klassiker, da kommt das automatisch.
Nun mag ich ja Bridges, und er kommt hier nicht so egozentrisch heldisch und eitel wie Wayne daher, was mir gefällt. Er gibt den einäugigen alten Marshal, der sich widerwillig darauf einlässt, mit Mattie den Mörder ihres Vaters zu jagen. Sie ist in der Tradition des Wilden Westens aufgewachsen: an eye for an eye, a tooth for a tooth. Kein bisschen Wildwest-Romantik. Prärie, unwegsames Indianergebiet, einige Ballerei, kein Platz für Hygiene, alle riechen so wie man riecht, wenn man wochenlang in den gleichen Klamotten zu Pferde unterwegs ist. Ich konnte ihnen den strengen Geruch quasi ansehen. Und erschnuppern, aber das war vielleicht mein Sitznachbar.
Wie das meistens so ist in den Western, siegt die Gerechtigkeit, und dass Mattie, die nie geheiratet hatte, sich dann nach 25 Jahren auf die Suche nach Rooster macht, ist so etwas wie ein happy end.
Hier gibt’s eine Oscar Nominierung für Besten Film (muss nicht unbedingt), und eine für Jeff Bridges, Bester Hauptdarsteller. Nix dagegen, auch wenn ich grad andere bevorzuge.


Winter’s Bone

Ein schöner Film. Schön, ob das das richtige Wort ist? Die Landschaft, die Ozark Mountains, ist abgelegen, karg und herb, hier leben bitterarme Menschen. Die „ordinary folks“, für die jeder Tag ein Überlebenskampf ist.
Die 17-jährige Ree (Jennifer Lawrence) versorgt in so einem Bergdorf ihre beiden Geschwister, Sonny, 12, und Ashlee, 6. Ihre Mutter ist zwar da, spielt aber nicht mit. Sie ist entweder depressiv oder unter Drogen, die ihr Mann, Jessup, illegal im Gebüsch zusammengebraut hat. Meth. Deshalb wurde er auch angeklagt, hat aber die Gegend mit unbekanntem Ziel verlassen, nachdem er sein Haus als Kaution gegen sofortige U-Haft eingesetzt hat. Die Bank meldet sich bald, und Ree macht sich auf die Suche nach dem Ausreißer. Die Nachbarschaftshilfe funktioniert einigermaßen. Jeder ist arm, aber trotzdem bekommt Ree hier und da Unterstützung. Sie kann das Pferd bei einer Nachbarin unterstellen, bekommt Wild ab, das einer erlegt hat, darf ihr Feuerholz in einem elektrischen Hackgerät zerkleinern.
Fast alle, die mit ihrem Vater zu tun hatten, sind auf irgendeine Weise kriminell. Auch der knarzige Onkel Teardrop (John Hawkes), Jessups Bruder. Das macht die Suche nicht einfacher oder ungefährlicher. Ree wird dann auch mal zusammengeschlagen, aber sie lässt sich nicht einschüchtern. Sie ist keine Heldin, niemand ist hier ein Held, ein Draufgänger, oder in irgendeiner Weise überragend. Sie geht ihren Weg, tut, was zu tun ist. Wie alle anderen auch. Der Vater wird gefunden. Und das Ende, so wie es ist, geht okay. Richtig gut kann es nicht werden. Aber das Leben hat ja auch kein happy end.
John Hawkes erhielt eine Nominierung für Besten Nebendarsteller, Jennifer Lawrence für Beste Hauptdarstellerin. Aber beides nicht meine Favoriten. Und für Besten Film auch nicht. Obwohl ich da noch gar keinen klaren Favoriten hab. Ich muss noch Filme sehen und dann abwägen. Ein hartes Business.

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen